Start in die Wasserstoff-Ära

Start in die Wasserstoff-Ära

Nächste Station in der Verkehrswende: Wasserstoff. Die Vestische startet mit fünf Brennstoffzellenbussen in eine neue Ära.

Die Fahrzeuge des portugiesischen Herstellers Caetano beschleunigen nicht nur gleichmäßig, zügig und geräuscharm, sondern sind vor allem umweltfreundlich. So kann die Vestische neben der Angebotswende die Antriebswende vorantreiben. Die Zukunftstechnologie Wasserstoff bedeutet für das Nahverkehrsunternehmen die Modernisierung seines Fuhrparks durch lokal emissionsfreie Busse.

Jeder Brennstoffzellenbus spart bei Einsatz von grauem Wasserstoff im Vergleich zu herkömmlichen Dieselbussen durchschnittlich ungefähr 16,5 Tonnen an lokalen CO2-Emissionen pro Jahr ein. Bei Verwendung von grünem Wasserstoff liegt die Einsparung sogar bei rund 89,1 Tonnen. So erfüllt die Vestische die Clean Vehicle Directive der EU, die vorgibt, dass ab August 2021 insgesamt 45 Prozent der Busse, die für den ÖPNV beschafft werden, „sauber“ sind. Die Hälfte davon muss völlig ohne lokale Emissionen auskommen, also elektrisch fahren.

Das Projekt Brennstoffzellenbusse für die Vestische Straßenbahnen GmbH wird im Rahmen der Förderrichtlinie „Busse mit alternativen Antrieben“ mit insgesamt 2,88 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert. Fördermittel dieser Maßnahme werden auch im Rahmen des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans (DARP) über die europäischen Aufbau- und Resilienzfazilitäten (ARF) im Programm NextGenerationEU bereitgestellt. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.

Die Förderung durch das BMDV deckt 80 Prozent der Mehrkosten im Vergleich zum Kauf von Dieselfahrzeugen ab und gilt für die Ausschreibung von insgesamt zehn Bussen. Die zweiten fünf Fahrzeuge erwartet die Vestische im Frühjahr 2025, diese wird der nordirische Hersteller Wrightbus liefern. Bei einer entsprechenden Förderung könnte die Flotte der Vestischen bis zum Jahr 2030 rund 60 Brennstoffzellenbusse zählen.

Die 12 Meter langen Busse des Caetano-Modells „H2.City Gold“ können bis zu 73 Fahrgäste transportieren und verfügen über große Stellflächen für Rollstühle, Rollatoren oder Kinderwägen. Mit einer Tankfüllung sind Reichweiten von bis zu 400 Kilometern möglich.

Zum Einsatz kommen die Fahrzeuge zunächst in Castrop-Rauxel, Herten, Gelsenkirchen, Marl, Oer-Erkenschwick und Recklinghausen. Eine rein mit Wasserstoffbussen betriebene Linie wird es noch nicht geben, da die Vestische in einem ersten Schritt Praxiserfahrungen sammelt, inwieweit mit ihnen ein stabiler und wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet werden kann.

Auf dem Betriebshof in Herten beabsichtigt der Nahverkehrsbetrieb zudem, eine Wasserstofftankstelle zu bauen. Die Werkstatt wurde bereits modifiziert. Ein Fahrzeug nimmt in fünf Tanks, die sich auf dem Dach befinden, bis zu 37,5 Kilogramm Wasserstoff auf. Dabei dauert ein Tankvorgang rund zehn Minuten und ist wesentlich schneller als die Ladung von batterieelektrisch betriebenen Bussen.

Zitate zur Inbetriebnahme der neuen Wasserstoffbusse:

Bodo Klimpel, Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender der Vestischen:
"2019 hat unser Kreistag den Vestischen Klimapakt beschlossen. Seitdem haben wir zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, die für viele Verbesserungen sorgen und die deutlich machen: Wir meinen es ernst mit dem Klimaschutz und lassen konkrete Taten folgen. Die dringend benötigte Mobilitätswende mit einem zuverlässigen und gut ausgebauten ÖPNV nimmt bei der Bewältigung des Klimawandels eine zentrale Rolle ein. Die Anschaffung der Wasserstoffbusse ist somit eine bedeutende Investition in eine nachhaltige Zukunft unseres Vests, mit der wir zudem ein weiteres starkes Zeichen gesetzt haben: Wir sind eine aufstrebende und ambitionierte Wasserstoff-Region.“

Dr. Babette Nieder, Geschäftsführerin WiN Emscher-Lippe GmbH: „Als Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Emscher-Lippe Region hat die WiN schon 2021 die Roadmap für den Wasserstoffhochlauf in der Region bis 2030 veröffentlicht und begleitet seitdem die Umsetzung. Mit dem Einsatz der Brennstoffzellenbusse im Linienbetrieb der Vestischen ist ein weiterer wichtiger Meilenstein erreicht. Der Brennstoffzellenantrieb ist geräuscharm und emittiert weder Stickoxide noch Feinstaub, sondern nur Wasser.“

Martin Schmidt, Geschäftsführer Vestische: „Wir beschäftigen uns seit Jahren mit alternativen Antrieben. Mit der Zukunftstechnologie Wasserstoff, die ein wichtiger Baustein der Verkehrswende in unserer Region werden könnte, stehen wir vor wichtigen und spannenden Herausforderungen. Wir freuen uns darauf, die neuen Fahrzeuge nun in unserem anspruchsvollen Bedienungsgebiet zu testen. So werden wir wertvolle Erfahrungen sammeln, um auch mit ihnen einen zuverlässigen und wirtschaftlichen Linienbetrieb zu gewährleisten.“

Holger Becker, Betriebsdirektor Vestische: „Unseren Fahrgästen ist ein modernes und nachhaltiges ÖPNV-Angebot wichtig. Wir sind überzeugt, ihnen mit den Wasserstoffbussen einen Mehrwert bieten zu können, denn die Fahrzeuge bieten einen modernen Komfort und ein angenehmes Reisegefühl. Sie sind sehr leise, was nicht nur den Fahrgästen zugutekommt, sondern auch den Verkehrslärm reduziert. Zudem ermöglicht uns die Reichweite der Fahrzeuge, sie auch auf längeren und topografisch anspruchsvolleren Strecken einzusetzen.“

Thomas Krämer, Betriebsleiter Vestische Straßenbahnen GmbH: : „Wir betanken die Busse bei der AGR Herten, die vor einigen Wochen die momentan größte Wasserstofftankstelle Deutschlands in Betrieb genommen hat. Unsere Herausforderung ist nun, auf dem Betriebshof in Herten eine eigene stationäre Tankstelle aufzubauen. Wir hoffen, dabei wertvolle Erfahrungswerte zu sammeln, von denen andere Unternehmen in der Wasserstoff-Region der Metropole Ruhr profitieren können.“

Torsten Kastner, Centerleiter Technik Vestische: „Der Einsatz von Wasserstoffbussen stellt uns vor neue Herausforderungen, auf die wir uns akribisch vorbereitet haben. Wir haben in der Werkstatt eine Wasserstoff-Infrastruktur aufgebaut und ein Team von Mitarbeitenden geschult. So können wir Wartungen und Reparaturen in einem ähnlichen Umfang leisten wie bei Bussen mit Verbrennungsmotor. Nun sind wir gespannt, welche neuen Aufgaben das Tagesgeschäft für uns bereithält.“